Ethanol - Anwendung, Wirkung, Nebenwirkungen | Gelbe Liste (2024)

Ethanol (Alkohol) ist eine flüchtige, leicht entzündliche, farblose Flüssigkeit mit einem leichten stechenden Geruch. Die Summenformel ist C2H5OH. Ethanol wird hauptsächlich angewendet als Desinfektionsmittel, Lösungsmittel oder Extraktionsmittel.

Anwendung

Das Grundgerüst von Ethanol besteht aus zwei Kohlenstoffatomen, von denen ein C-Atom die Hydroxygruppe trägt.

Ethanol wird in der Pharmazie verwendet als:

  • Lösungsmittel
  • Hilfsstoff
  • Konservierungsmittel
  • Extraktionsmittel
  • Antiseptikum
  • Desinfektionsmittel

Ethanol ist in jedem beliebigen Verhältnis in Wasser löslich, da die asymmetrische Elektronendichte entlang der Hydroxygruppe Ethanol zu einem Dipol macht.

Ethanol tötet weiterhin Organismen ab indem es ihre Proteine denaturiert und ihre Lipide auflöst. Es wirkt gegen die meisten Bakterien und Pilze sowie gegen viele Viren. Ethanol ist jedoch gegen Bakteriensporen unwirksam. Die Wirksamkeit (Desinfektion) von Alkoholen steigt mit zunehmender Kettenlänge (bis 8 C-Atome), allerdings im umgekehrten Verhältnis zur Verträglichkeit, sodass Alkohole mit mehr als 4 C-Atomen nicht für Händedesinfektionsmittel verwendet werden.

Bei Konzentration von 60–70% Ethanol wird eine optimale desinfizierende Wirkung erreicht (reiner Alkohol wird nicht so gut in die Zelle aufgenommen, was insbesondere ein Überleben der grampositiven Bakterien begünstigt).

Antidot

Ethanol kann als Antidot bei einer Methanol-Vergiftung und Ethylenglykol-Vergiftungen angewendet werden.

Ethanol als Arzneimittel

Ethanol kann bei der Verödung von Tumoren und der Verödung von Nervenganglien eingesetzt werden. Beim Leberzellkarzinom kann bspw. versucht werden durch Injektion von 95-prozentigem Ethanol in den umkapselten Tumor eine Nekrose auszulösen. Die Alkohol-Neurolyse kommt außerdem bei schweren, anders nicht beherrschbaren Schmerzzuständen zum Einsatz. Dabei wird hochprozentiges Ethanol in entsprechende Nervenganglien inji*ziert um sie so zu veröden.

Wirkmechanismus

Bei oraler Einnahme wird Ethanol in der Leber weitgehend metabolisiert, insbesondere über das Enzym CYP450. Der Metabolit Acetaldehyd ist für einen Großteil der kurz- und langfristigen Auswirkungen der Ethylalkohol-Toxizität verantwortlich.

Alkohol wird im gesamten Verdauungstrakt resorbiert. In geringem Umfang beginnt die Resorption bereits in der Mundschleimhaut. Der dort aufgenommene Alkohol geht direkt in das Blut über. Der im Darm aufgenommene Alkohol gelangt zunächst in die Leber, wo er teilweise metabolisiert wird: Ethanol wird durch das Enzym Alkoholdehydrogenase zu Acetaldehyd abgebaut und diese dann durch die Acetaldehyddehydrogenase zu Acetyl-Coenzym A metabolisiert. Die Essigsäure wird über den Citratzyklus und die Atmungskette unter Energiegewinnung zu CO2 abgebaut. Bei höheren Alkoholkonzentrationen im Blut werden bis zu 10 Prozent des Ethanols zusätzlich durch das mikrosomale Ethanol-oxidierende System (MEOS) in der Leber abgebaut. Wesentlicher Bestandteil des MEOS ist das CYP2E1. Chronischer Alkoholkonsum führt zu einer Induktion von CYP2E1, wodurch es zu einem beschleunigten Abbau der CYP2E1-Substrate kommt.

Die Abbaurate durch die Alkoholdehydrogenase beträgt ca. 1 g Alkohol je 10 kg Körpergewicht und Stunde, wobei sich die Abbauzeiten von Männern und Frauen geringfügig unterscheiden.

Etwa 30 bis 60 Minuten nach der Ethanol-Aufnahme wird die höchste Blutalkoholkonzentration erreicht, bei starker Magen-Darm-Füllung entsprechend später.

Akute Wirkungen von Ethanol

Ethanol führt bei < 0,5 Promille überwiegend zu zentral erregenden Effekten und zu einem leichten Blutdruckanstieg. Über 0,5 Promille kommt es vermehrt zu einer zentralen Dämpfung, Sedation, gestörter Konzentration, Koordinationsstörungen, eingeschränktem Gesichtsfeld, Benommenheit, Kopfschmerzen, Schwindel, Atemdepression und Amnesien.

Höhere Ethanolkonzentrationen wirken auf das Herz-Kreislauf-System mit einer peripheren Gefäßerweiterung, mit geröteter Haut, Wärmeverlust und Blutdruckabfall.

Ethanol verursacht an der Magenschleimhaut eine lokale Reizung.

Auch auf den Glukosestoffwechsel hat die Einnahme von Ethanol Auswirkungen: Es kommt zu einer Senkung des Blutzuckerspiegels durch eine gesteigerte Glykogenolyse sowie zu einer vermehrten Reduktion von NAD zu NADH und damit verbunden einer verstärkten Reduktion von Pyruvat zu Lactat: Pyruvat wird der Glukoneogenese entzogen und es folgt eine protrahierte Hypoglykämie.

Ethanol steigert außerdem die Diurese durch Hemmung der Vasopressin-Ausschüttung und führt, vermutlich ausgelöst durch Acetaldehyd, bei einer Ethanolvergiftung zu einer respiratorischen Alkalose.

Wechselwirkungen

Bei Einnahme von Alkohol kann es mit folgenden Arzneimitteln zu Wechselwirkungen kommen:

  • Zentral dämpfende Arzneimittel wie z. B. Opioide, Benzodiazepine oder Antihistaminika
  • Antidiabetika → das Risiko für eine Hypoglykämie wird durch Hemmung der hepatischen Glukoneogenese erhöht
  • Inhibitoren der Aldehyddehydrogenase → neben Disulfiram. wird diese vermutlich auch gehemmt durch Griseofulvin, Nifuratel, Nitroimidazole wie Metronidazol, Ketoconazol sowie Procarbazin
  • Verapamil und Gallopamil können den oxidativen Metabolismus von Ethanol hemmen, sodass erhöhte Plasmakonzentrationen und entsprechend verstärkte Wirkungen möglich sind
  • H2-Antihistaminika wie Ranitidin, Cimetidin und Nizatidin → Hemmung der gastralen Alkoholdehydrogenase → erhöhte Ethanolkonzentrationen

  • Isoniazid und Protionamid → Hemmen den Ethanolabbau und verstärken so dessen akute Effekte (vermutlich durch Inhibition von CYP2E1)
  • Clomethiazol → kardiovaskuläre Depression und teilweise schwere Hypotonie, Atemdepression möglich
  • Oralen Antikoagulantien → Die akute Aufnahme großer Ethanol-Mengen kann die Wirkung von oralen Antikoagulantien verstärken. Eine chronische Aufnahme diese abschwächen. Als Ursache wird eine Beeinflussung des oxidativen Metabolismus vermutet.
  • Orale Antidiabetika und Insuline → Die Wirkung kann durch den hypoglykämischen Effekt von Ethanol verstärkt werden und die Warnsymptome wie Tremor, Tachykardie, Unruhe, Hungergefühl und Kopfschmerzen kaschiert werden.
  • Metformin → Gefahr einer Lactatazidose erhöht
  • NSAR → negativer Effekt auf Magenschleimhaut kann verstärkt werden
  • Acitretin → Ethanol fördert offenbar die Veresterung von Acitretin zu seinem Ethylester Etretinat. Dieses wird aufgrund seiner hohen Lipophilie im Fettgewebe gespeichert und daraus langsam freigesetzt
  • Paracetamol → Bei alkoholabhängigen Menschen ist die lebertoxische Wirkung von Paracetamol erhöht.
  • Theophyllin und Coffein → Ethanol inhibiert CYP2E1, sodass sich der Abbau gleichzeitig zugeführter Substrate dieses Enzyms verzögert und deren Wirkung verstärkt werden kann

Ethanol als Desinfektionsmittel

Ethanol wirkt ab etwa 10% mikrobiostatisch, also wachstumshemmend auf Mikroorganismen. Ab einer Konzentration von 30% Ethanol wirkt Ethanol mikrobiozid, d.h. abtötend auf Mikroorganismen. In Händedesinfektionsmitteln wird Ethanol als Einzelsubstanz in einer Konzentration von 50 bis 96% eingesetzt. In Kombinationspräparaten können geringere Konzentrationen verwendet werden.

Die optimale Ethanol-Konzentration gegen Bakterien liegt zwischen 70 bis 80%. Behüllte Viren werden zwar konzentrationsabhängig von allen Alkoholen erfasst, doch ist Ethanol insbesondere gegenüber unbehüllten Viren wirksamer als bspw. die Propanole.

Zur Inaktivierung unbehüllter Viren sind in der Regel hohe Ethanolkonzentrationen (> 80 %) oder die Kombination mit synergistischen Kombinationspartnern erforderlich.

Absolutes Ethanol (nahezu 100%) ist dagegen weder gegen Bakterien noch gegen Viren wirksam, da zur Vermittlung seiner Wirksamkeit eine bestimmte Wassermenge erforderlich ist. Auf der Haut wirken hochprozentige Ethanollösungen jedoch besser als zu erwarten, da die Hände immer eine gewisse Feuchtigkeit aufweisen.

Zur Wunddesinfektion eignet sich Ethanol nur bedingt, da er zu Hautirritationen und starkem Brennen führen kann.

Deklaration von Desinfektionsmitteln

  • Bakterizid → tötet Bakterien ab, keine Sporen (Sporenbildner sind beispielsweise Bacillus- und Clostridium-Stämme)
  • Fungizid → tötet Pilze ab
  • Viruzid → tötet behüllte und unbehüllte Viren ab
  • Begrenzt viruzid → tötet behüllte Viren ab
  • Begrenzt viruzid plus → tötet behüllte Viren sowie Adeno-, Noro- und Rotaviren ab
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